EWIG GESTRIGE

von johannes wierz

 

Was die Bewertung und die Kommentare der Vorfälle im Borussiapark am vergangenen Wochenende betrifft, im Spiel Borussia Mönchengladbach gegen die TSG Hoffenheim, ist von meiner Seite nichts hinzuzufügen. Alle, die im Fußball was zu sagen haben, vom DFB-Präsidenten bis zum Sportkommentator, haben sich zu Wort gemeldet. Auch wir Fans vor Ort haben lautstark unsere Stimme erhoben, aber dazu später. Aus der Sicht eines Gladbach-Fans möchte ich schildern, was an diesem Nachmittag passiert ist. 

Wie vor jedem Spiel trudelten die Menschen aus allen Richtungen ein. Man suchte seine Freunde, die eigene Gruppe, fand und begrüßte sich. Bei einer Schar von Menschen ging es etwas strenger zu. Man könnte fast sagen militärisch. Mit schwarzer Jogginghose, breitem Gürtel mit Tasche vor dem Bauch trugen sie eine Art Uniform. In ihren Gesichtern stand Entschlossenheit, aber nicht die Vorfreude auf ein Fußballspiel.

Immerhin galt es heute wichtige Weichen zu stellen. Ein Sieg gegen Hoffenheim und der Gewinn im Nachholspiel gegen Köln würde die Borussia wieder im Titelkampf um die Meisterschaft mitmischen lassen.

Wie bei jeder anderen öffentlichen Sportveranstaltung in diesen Tagen auch, begann das Spiel mit einer Schweigeminute zu Ehren der Toten und Opfer des Amoklaufes in Hanau. 

Das Spiel wurde normal angepfiffen und schnell gingen wir in der 11. Minute in Führung. 

Selbst in der Pause, bei Bier und Wurst, sah alles nach einem schönen Samstagnachmittagspiel aus. Wären da nicht diese schwarzen Jogginghosenträger aus der Nordkurve, die sich Ultrasnennen: Am Gitter ihres Gehegeshatten sie ein langes Banner mit der Aufschrift angebracht: Hurensöhne beleidigen einen Hurensohn und werden von Hurensöhnen bestraft, in Gelb für Borussia Dortmund, in Blau für Hoffenheim und in Grün für den DFB. 

Nicht nur ich hatte mich im weiten Rund des Borussiaparks gefragt, warum die Ordnungskräfte dieses lange Banner nicht ab hängen. Ohne Gefahr zu laufen, um ihr Leben bangen zu müssen, hätten sie es von außen, also aus dem Innenraum heraus, abnehmen können.

Die sind doch nicht lebensmüde und gehen in den schwarzen Block zu den sogenannten Ultras, kommentiert mein Nachbar die Untätigkeit von Seiten des Hausherrn – wobei die grundsätzliche Frage gestellt werden muss, warum man überhaupt in einem Fußballstadion um sein Leben bangen soll. Ist die Unversehrtheit bei einer Sportveranstaltung nicht eine Selbstverständlichkeit?

Diese sogenannten Ultras, eine Gruppe von vielleicht dreihundert bis dreihundertfünfzig Personen, verschwanden unter einem riesigen Transparent, um als gleich wieder in Maleroveralls und Sturmmasken aufzutauchen und ein riesiges Banner in die Höhe zu halten, das Dietmar Hopp, Mäzen von Hoffenheim, im Fadenkreuz zeigte.

Das Banner war wahrscheinlich eine Leihgabe von den Ultrasaus Dortmund, die einen Tag zuvor vom Sportgericht des DFB zu zwei Auswärtsspielen in Sinsheim ausgeschlossen worden waren. Dazu passten auch die Banner mit Aufschrift: Gegen kollektive Strafen.

Ja, liebe sogenannte Ultras, dann versteckt euch nicht unter Sturmmasken und Maleroveralls, sondern steht mit eurem Gesicht und Namen zu euren Aussagen und zu eurem Handeln! Nicht nur die Hoffenheim-Fans und wir von der Borussia reagierten mit Sprechchören gegen diese kleine ewig gestrige Minderheit.

Ultras raus! Ultras raus! Ultras raus!, schallte es im weiten Rund des ausverkauften Borussiaparks.

Auch Nazis raus! Nazis raus!, war zu hören.

Wer sind diese sogenannten Ultrasund wie gelingt es ihnen immer wieder Spiele zu stören, zu unterbrechen und letztendlich einen schönen sportlichen Fußballnachmittag zu zerstören? Sind die meisten von ihnen nicht längst registriert? Und warum wird dagegen nichts unternommen?

Fragen über Fragen, die auch nicht vom Manager von Gladbach, Max Eberl, beantwortet wurden, sondern der hilflos eine Gegenfrage in den Raum gestellt hatte: Was soll ich mit diesen Plebs, mit diesen Menschen machen?

Sie gar nicht erst ins Stadion lassen, wäre meine Antwort. Vor allem ihnen keine Privilegien geben, wie einen Container in der Nordkurve, wo die sogenannten Ultrasihre Warenverkaufen können. Mehr oder weniger unkontrolliert können die ewig Gestrigen in der spielfreien Woche ihre Warein ihrem Container bunkern. Wahrscheinlich sind so das Fadenkreuzbanner und das Hurensöhne-Transparent in das Stadion gelangt.

Der verspätete Anpfiff der zweiten Halbzeit, nachdem das unsägliche Banner verschwunden, aber nicht konfisziert worden war, hatte dem Spiel aus Gladbacher Sicht nicht gut getan. Schiedsrichter wie Spieler wirkten nervös und waren nicht immer bei der Sache. So trennte man sich am Ende eins zu eins.

Eingetragener Verein

Der als gemeinnützig anerkannte Verein „Faire Fans e.V.“ versteht sich als Stimme der schweigenden Mehrheit der friedliebenden Fans.

Lange noch nach dem Spiel haben wir diskutiert, was man gegen eine Minderheit tun kann, die nichts mit Sport am Hut hat. Niemand traut sich, ein Stadionverbot oder andere Sanktionen gegen die sogenannten Ultrasauszusprechen. Die wissen ja, wo ich wohne, ist fast immer die einhellige Antwort.

Ich habe da einen Traum:

Warum stellen wir Fans uns nicht gemeinsam vor das Stadion und lassen sie einfach nicht mehr rein? Fünfzigtausend gegen dreihundert ewig Gestrige. Auf die Gesichter wäre ich gespannt. Zeitgleich vor allen Stadien.

Denn das möchte ich zum Schluss sagen: Jeder Fußballverein hat diese Plage.

Leider!

Aber wenn wir fairen Fans kein Zeichen gegen Hass und Gewalt setzen, wird es so weitergehen oder sogar schlimmer werden …

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