Heiko Walkenhorst Heiko Walkenhorst
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17.12.2019

Was gegen den Abstieg hilft: Sympathiepunkte

Wenn es um die Mobilisierung der Massen geht, spielen die meisten Vereine in puncto Kommunikation bestenfalls Kreisklasse. Gerne wird dabei ein mehr oder weniger martialischer Ton angeschlagen. Begriffe wie „Kampf“, „Einsatzwille“, „Leidenschaft“, „Attacke“, „bis zum Schluss“, „alles geben für den Sieg“ sind da keine Seltenheit  – insbesondere in den „Sozialen“ Medien – und, nicht ausgeschlossen, auch ein Teil des Problems. Dabei geht es auch anders. Und das bringt schon mal Sympathiepunkte ...

Wegweisende Kommunikation

Ja, ja ....

  • „Am Ende des Tages zählen die Punkte.“
  • „Fußball ist ein Ergebnissport.“
  • „Wer seine Spiele nicht gewinnt, wird die Klasse nicht halten können.“
  • „Für schöne Worte kann man sich nichts kaufen.“
  • „Emotionen gehören zum Fußball.“

Ja, ja ... Mit solchen Sätzen nährt man nur das Phrasenschwein. Denn so wahr sie sind, so hohl sind sie auch. Emotionen gehören auch zum Leben. Hass ist auch eine Emotion. Und die gehört leider zum Leben, aber „Hass ...“– wie Berti Vogts schon vor langer Zeit sagte: „... gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben.“

Und schon haben wir eine Emotion ausgelöst, denn ... haben Sie nicht eben zumindest geschmunzelt? Auch wenn Sie den Satz schon lange kennen? Warum? Weil er witzig ist.

Humor kommt im Fußball noch viel zu selten vor. Er ist zwar auf dem Vormarsch, aber die breite Masse haben Portale wie FUMS ("Fußball macht Spaß"), Online-Spielbegleitungen wie der 11Freude-Liveticker (trotz Grimme-Preis 2013), evtl. sogar Sendungen wie "Zeiglers Wunderbare Welt des Fußballs" zumindest noch nicht erreicht.

Die Zeitung „Die Welt“ veröffentliche vor wenigen Tagen einen Artikel mit der Überschrift „Der Fußball  droht seine Magie zu verspielen.“ Darin findet sich unter anderem folgender Satz:

„In manchen Vereinen und Verbänden versucht man schon gar nicht mehr, Ausgrenzung und Diskriminierung zu bekämpfen, man nimmt sie achselzuckend hin.“

Das stimmt leider. Erfreulicherweise stimmt aber auch, dass es Vereine gibt, die es versuchen und auch in ihrer Kommunikation im Umfeld von Spielen durch humorvolle Aktionen den Spaß in den Vordergrund zu stellen und damit schon im Vorfeld eines Spiels Hass mit Humor so gut es geht einzudämmen.

An dieser Stelle möchten wir Fortuna Düsseldorf lobend erwähnen (tun wir auch hier und hier), die mit einer wilden Werbeaktion 2013 gegen den 1.FC Köln dem klassischen Derby-Blabla etwas Besonderes entgegensetzte: Witz.

Fanaktion_Duesseldorf-Koln-2013.jpg
Schon sehr subtil, aber es gab ja nicht nur diese Grafik. Bei der Aktion wurden auf den diversesten Schilder auch die Umlaute des Namens der Domstadt einfach überklebt und dann über die einzelnen Kommunikationskanäle verbreitet.

Selbst wenn das nicht eine/n einzige/n Zuschauer/in mehr ins Stadion brachte, es brachte was im Umfeld: Sympathiepunkte – sowie die Erkenntnis: Es geht auch anders ... und trotzdem mit Emotion. Nur halt so eine positive.

Zwei Jahre später, 2015, hat sich der FC Schalke 04 im Umfeld einer Partie gegen die TSG Hoffenheim bei seinem Spielankündigungsplakat augenzwinkernd auch mehr auf das Einende als das Trennende fokussiert. Damit warben die Knappen auch im Kraichgau. Sicherlich, die Hoffenheimer Fans hätten sich dadurch durchaus provoziert fühlen können, aber die Schalker fürchteten keinen Shitstorm – und ihr "Mut" wurde belohnt: Die Ironie kam (gut) an.

Schalke-Hoffenheim_2015.jpg

Durchsetzen konnte sich das aber ligaweit nicht. Im Großen und Ganzen blieben das leider Einzelaktionen. Doch es gibt Grund zu neuer Hoffnung ...

Seit 2018 gibt eine Partie, die sich gerade in puncto Werbung sich zu einem ganz besonderen Duell entwickelt hat: SV Sandhausen gegen den Hamburger SV.

Angefangen hat alles mit einer Werbung des badischen Dorfvereins am Hamburger Hauptbahnhof:

SVS-HSV-2018.jpg

Nicht zuletzt, weil das dem Club südlich von Heidelberg viele Sympathiepunkte brachte, er es damit auch in die Berichterstattung bundesweit flächendeckender Medien brachte, hat der (ehemalige) Bundesliga-Dino entsprechend gekontert:

HSV-SVS-2018.jpg 
Falls es wer überlas: Die Fans des SV Sandhausen wurden vom Verein sogar zu einer Hafenrundfahrt eingeladen. Und wie man aus dem Hinweis auf die Fanbetreuung ablesen kann, gab es eine direkte Kommunikation zwischen den Fanbetreuungen beider Vereine. So einfach geht das auf einmal ... und was einmal geht, kann man ja auch ein zweites Mal versuchen ... dachten sich zumindest die Sandhäuser und warben auch für die Partie im Hardtwaldstadion 2019 am Hamburger Hauptbahnhof.

SVS-HSV-2019.jpg
Anfahrt bekannt ... :-)

Eingetragener Verein

Der als gemeinnützig anerkannte Verein „Faire Fans e.V.“ versteht sich als Stimme der schweigenden Mehrheit der friedliebenden Fans.

Das Spiel fand letztes Wochenende statt und endete schiedlich friedlich 1:1. Dennoch gab es einen Gewinner: den Fußball.

Noch gibt es zu wenige Vereine, die sich mit dieser Art der Kommunikation anfreunden können. Und die Zeiträume dazwischen sind leider arg groß. Aber an diesen Aktionen, insbesondere der letzten, kann man sehen, dass der Fußball immer noch das Potenzial hat, seine Magie eben NICHT zu verlieren.

Wie man das Potenzial entwickelt? Nun, vielleicht braucht es in den Vereinen auch außerhalb des Platzes einfach mehr Zauberer als Zauderer.

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