Teil 1

AGITATION IST AGGRESSION

Am 20. Februar 2020 kommentierte der Chefredakteur des Fachmagazins für Fußballkultur „11 Freunde“ das Urteil des DFB-Sportgerichts gegen Borussia Dortmund. (Am gleichen Tag entschied der DFB, dass alle Spiele der Profiligen mit einer Gedenkminute beginnen und die Spieler mit Trauerflor spielen als Zeichen gegen Rassismus, nachdem ein Mann in Hanau am 19. Februar 2020 neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordete.) Am 22. Februar 2020 kam es durch „50 Hornochsen“ (Max Eberl, Sportdirektor und Mitglied der Geschäftsführung von Borussia Mönchengladbach) zu einem ähnlichen Eklat. In seinem Kommentar am 25. Februar 2020 lehnt Herr Köster das Verhalten dieser Leute ab – aber sieht seine Verantwortung offensichtlich nicht.

Ganz wichtig vorab: Herr Köster ist gewiss kein Mann, der die demokratisch-freiheitliche Grundordnung unseres Landes in Frage stellt. Er ist mit Sicherheit kein Rechtsradikaler – und auch kein Linksradikaler. Er ist sich aber ganz offensichtlich der Wirkung seiner Worte nicht bewusst - und das sollte er sich gerade als Journalist eines führenden Fachmagazins. So sehr er auch von seiner Sache überzeugt zu sein mag, muss er sich im Klaren darüber sein, dass (auch seine) Worte zu (Re-)Aktionen führen.

Wir wollen das eingangs einmal verdeutlichen - der SACHE wegen (wie gesagt: NICHT der Person)

  • Mit Sicherheit unterstellt er der Bild-Zeitung Heuchelei, wenn Sie sich nach Überfällen auf Menschen mit Migrationshintergrund in ihrer ihr typischen Schriftgröße fragt: „Woher kommt der Hass?“ und dabei völlig unterschlägt, dass sie fast täglich über “Asyl-Chaos“, „Flüchtlings-Irrsinn“ sowie vermeintliche Gewalttäter berichtet. (siehe Bild rechts)
    (Quelle: Uebermedien)

    Natürlich beeinflusst das die Menschen – und besonders jene, die nicht zur Reflektion fähig oder willens sind, aber das sieht das Blatt nicht. Sie finden, dass sie nur boulevardesk berichtet haben, nicht gehetzt.
     
  • Wenn ein Minister von „Asyltourismus“ spricht, wird das ebenfalls sehr kritisch angegangen und durchaus auch als Teil von Hetze gegen Ausländer/innen, Flüchtlinge gesehen.
     
  • Als Gauland nach der letzten Bundestagswahl davon sprach, dass er Frau Merkel „jagen“ wolle, dass seine Partei sich „unser Land und unser Volk zurückholen" wolle, war der Aufschrei nicht nur in den Medien groß. Die Worte wurden nicht nur als verbale Kampfansage, sondern als reale Drohung verstanden.
     
  • Wenn Höcke sagt: „Eine wirkliche Demokratie ist Deutschland heute für mich nicht mehr. Deutschland ist für mich heute eine Maulkorbdemokratie, die leider auf dem besten Weg ist, eine Wohlfühldiktatur zu werden.” sieht man darin keine einfache Meinungsäußerung, sondern eine Legitimation für die Seinen, sich notfalls mit Gewalt Gehör zu verschaffen, schließlich würde ihnen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit entzogen.

Überall tun sie ihre unsägliche Sicht der Dinge kund, aber außerhalb ihrer Echokammer gibt es halt andere Menschen mit anderer Meinung – und auch noch besseren Argumenten. So kommen sie halt mit ihrem Müll nicht durch, was sie aber umkehren und sich als Opfer stilisieren.

Genauso haben sie es auch nach den Anschlägen von Hanau getan. Ihr Vorsitzender Meuthen fand es auf Facebook so schäbig: Die Tat eines Wahnsinnigen soll UNS angelastet werden.“, schließlich sei doch klar, „dass es sich bei diesem Täter zuvorderst um einen Irren handelt und nicht um einen Rechtsextremisten.

Aber 60% der Deutschen sehen eine Mitschuld dieser Partei, auch weil sie durch ihre Sprache die Boden für Gewalt säen. So ist es ja auch ein (!) Täter, während in vergleichbaren Fällen, z. B. Breitscheid-Platz in Berlin, wo/wenn es ja auch nur ein Täter war, von „DEN Muslimen/Flüchtlingen etc.“ die Rede ist.

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Alles das ist Agitation, Stimmungsmache, Hetze. Letzteres definiert der Duden als "Gesamtheit unsachlicher, gehässiger, verleumderischer, verunglimpfender Äußerungen und Handlungen, die Hassgefühle, feindselige Stimmungen und Emotionen gegen jemanden, etwas erzeugen."

Was als Hetze empfunden wird, hängt natürlich sehr davon ab, wer es sagt, wie es gesagt - und noch entscheidender: wie es gehört wird. Die Wahrnehmung entscheidet erheblich über die Wirkung. Wäre es diese Partei gewesen, die getwittert hätte: „Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei.“  wäre die Reaktion auf diesen Tweet bestimmt noch heftiger ausgefallen. Aber er kam von der Friday for Future-Bewegung, der das aber auch nicht gut bekam.

Nach seinem Wahlversprechen: „Wir versuchen alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird.” zog sich Robert Habeck von Bündnis 90/Die Grünen auch heftige Schelte zu. Er habe Thüringen damit Nordkorea, Iran oder Venezuela gleichgesetzt. Natürlich hat er das so nicht gemeint (Er hat sich dafür auch entschuldigt und könne sich dafür heute in den Arsch beißen"), aber so wurde es verstanden bzw. so haben es manche verstehen wollen. Fakt ist aber, ob das nun so von ihm gemeint war oder nicht, es konnte aufgrund des Inhalts so verstanden werden und damit war auch das Hetze im Sinne der Duden-Definition. Er sah das wohl auch so, denn er zog die Konsequenz und sich aus den Sozialen Medien zurück.

Nochmals: Das sind nur einfach Beispiele dafür, welche Kraft und Wirkung Worte haben können. Herr Köster ist sich dessen auch bewusst:

Als nun Stefan Chat­rath, Pro­fessor für Sport und Event­ma­nage­ment und nebenher Mit­glied der Wis­sen­schaft­li­chen Kom­mis­sion des Lan­des­sport­bundes Berlin, die Meinung vertrat, dass ras­sis­ti­sche Pöbe­leien ganz gene­rell völlig in Ord­nung seien, denn es sei legitim, den Gegner zu belei­digen, wenn das einen Wett­be­werbs­vor­teil ver­schaffe, und überhaupt sei alles erlaubt, „solange der geg­ne­ri­sche Spieler phy­sisch nicht so stark geschä­digt wird, dass er aus­ge­wech­selt werden muss“, da war Herr Köster einer der Ersten, die sich darüber in einem Kommentar echauffierten und seine Absetzung verlangten. (Das ist inzwischen auch geschehen.)

Bei sich aber sieht er das offensichtlich und bedauerlicherweise nicht. Menschlich vielleicht sogar noch nachvollziehbar, ist er doch davon überzeugt, für die richtige Sache einzutreten (was jedoch faktisch alle Hetzer/innen sind), aber gerade als Profi und Fan sollte er sich hierfür nicht der falschen Sache bedienen ... der Agitation.  (Teil 2 --->)

Teil 2

Agitation ist Aggression

In der Fehde zwi­schen BVB-Fans und Hof­fen­heims Ober­boss Dietmar Hopp werden inzwi­schen ja nicht nur Sport­ge­richte, son­dern auch die klas­si­sche Justiz bemüht. Und der Kon­flikt hat den Fan­szenen geschadet wie kaum ein anderer der letzten Jahre.

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