Das leid mit dem kreuz

von johannes wierz

 

Borussia Mönchengladbach ging vor Weihnachten als Tabellenführer der Gruppe J in der Euro League ins letzte Gruppenspiel. Ein Unentschieden hätte gereicht, um in die KO-Runde zu gelangen. Das Ergebnis ist bekannt: die Fohlen verloren 1:2 gegen die türkische Mannschaft Istanbul Basaksehir FK.

Ja, das tat weh, und darum wollen wir es gar nicht wieder aufwärmen: vorbei ist vorbei. Worum es uns hier geht? Um die Choreografie der heimischen Fans vor dem Spiel im Borussia-Park.

Etwas später als sonst ins Stadion gelangt, hatte ich die letzten Worte des Stadionsprechers zwar gehört, aber nicht verstanden. Umso besser sah ich, was sonst geboten wurde: In der Nordkurve des Borussia-Parks veranstalteten die Fans eine Stadtwappen-Choreographie. Zu bewundern gab es das alte Stadtwappen mit dem Heiligen Vitus, Patron der Benediktinerabtei und dem Löwen, Wappentier der Herren von Jülich, denen Gladbach das Stadtrecht zu verdanken hat, sowie das heutige Stadtwappen mit Bischofsstab und durchgehendem schwarzen Kreuz.

 

Ich erinnerte mich an das Hinspiel in Istanbul, Anfang Oktober. Schon vor dem Anpfiff wurden Fans mit Fahnen, die das alte Stadtwappen von Gladbach zeigten, von den Ordnungskräften abgewiesen. In den Augen der türkischen Ordner und Polizisten hätte es sich dabei um christliche Symbole gehandelt, die im Stadion verboten seien. Wie sich später herausstellte, soll es nur um einen einzelnen Gladbacher Fan gegangen sein, der die große Zaunfahne mit den beiden Stadtwappen bei sich trug.

 

An dieser Stelle muss einmal festgestellt werden, dass die UEFA ein Verbot christlicher Symbole in Stadien überhaupt nicht kennt. Dennoch wurden die Fans von Borussia Mönchengladbach nach dem Abpfiff im strömenden Regen im Gästeblock festgehalten. Nicht wie bei jedem anderen europäischen Spiel auch, damit die gegnerischen Fanblöcke nicht aufeinander treffen, sondern wesentlich länger. Mehrere Stunden lang wurde in feuchter Kälte die Identität jedes Einzelnen festgestellt und aufgenommen.

Noch in derselben Nacht ruderte die "Direktion für Sportsicherheit" in Istanbul aber zurück und behauptete, dass es bloß um eine Zaunfahne mit den beiden Stadtwappen gegangen wäre. Ich kann mich nicht erinnern, das bei Länderspielen, beispielsweise gegen die Schweiz mit ihrem weißen Kreuz im Wappen oder gegen Malta, Schweden, Norwegen, Finnland oder Dänemark es zu ähnlichen Problemen in der Türkei gekommen wäre.

Wir alle sollten, wenn wir in Zukunft in Frieden und gegenseitigem Respekt Spiele schauen wollen, lieber dem Grundgedanken der Väter des Internationalen Olympischen Komitees folgen, was ja nichts anderes heißt, als sich völkerverbindend für Fremdes zu interessieren, Vorurteile abzubauen und damit in der Konsequenz Kriege zu verhindern.

Eingetragener Verein

Der als gemeinnützig anerkannte Verein „Faire Fans e.V.“ versteht sich als Stimme der schweigenden Mehrheit der friedliebenden Fans.

Politik sollte sich ohnehin aus dem Sport heraushalten und schon gar nicht Religionen als Deckmäntelchen benutzen. Zum Glück färbte das übereifrige Handeln der Sicherheitskräfte in der Türkei nicht auf die eigenen Fans ab. Die meisten von ihnen werden von der Polizeiaktion in der Basaksehir Arena (Basaksehir Fatih Terim Stadium) aber auch gar nichts mitbekommen haben.

So verlief das Rückspiel im Borussia Park dann ohne weitere Vorkommnisse, abgesehen davon, dass die Heimmannschaft unnötigerweise verlor, weil die Mannschaft von Basaksehir in der Schlussphase reiferen, im Letzten abgezockteren Fußball spielte.

Aber was soll’s: bekanntlich ist Vorfreude die beste Freude. Und darum hoffe ich, wie viele andere Fans auch, auf die Champions League in der nächsten Saison. Dass die "Sottocultura Ultras" auf Schildern in türkischer Sprache alle Polizisten als Bastarde und die UEFA als Mafia bezeichnet haben, ist im großen Rund zum Glück eher untergegangen.

Bedanken wir uns unterm Strich also für ein bisschen Geschichtsunterricht und Heimatkunde. Die Schildchen zu bemalen hätten sich die Ultras allerdings sparen können. Denn den ca. zweihundert mitgereisten Fans aus Istanbul ist ohnehin nichts aufgefallen. Sie hatten Besseres zu tun. Nämlich ihren Sieg über Borussia Mönchengladbach und den Einzug in die KO-Runde der Europa League zu feiern.  

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